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Warum die Meister in der Produktion die wahren Leader sind, die mehr Respekt und Unterstützung brauchen

Diesen Beitrag schreibe ich als Handwerks-Meister. Ich bin stolz auf diesen „Titel“, schon bevor ich meine Lehre begann, war er schon ein erklärtes Ziel. Warum? Mein Opa war Maurerpolier, was nach dem Krieg und während der Aufbauphase in Deutschland dem Meister gleich kam. Aufgrund seiner fachlichen Kompetenzen,  aber besonders wegen seiner Fähigkeit Menschen zu führen und Abläufe zu organisieren wurde er schnell zur wichtigen Schlüsselperson in seiner Firma. Für eine Ausbildung an einer Meisterschule war keine Zeit. Das Augenmerk lag darauf, Geld zu verdienen und die Existenz seiner Familie zu sichern.

Mein Opa genoss allseits großes Ansehen und Respekt. Seine Meinung wurde gesucht und sein Rat angenommen. Für mich und viele andere Menschen war er ein Vorbild, eine „Meisterpersönlichkeit“, auch ohne offiziellen Meisterbrief. Diese „weichen“ Kompetenzen erlernt man auch heute nicht in Fortbildungskursen oder auf Meisterschulen. Viel Zeit und Ausdauer ist notwendig, um die wichtigen Erfahrungen  im Berufsalltag und sozialen Kompetenzen sammeln und aufzubauen zu können. Der beste Lehrsaal war und ist vor Ort an den Arbeitsplätzen. 

Meinen Meistertitel hatte ich mit 25 Jahren als Lehrgangsbester „in der Tasche“. „Die Zeit des Lernens ist vorbei, jetzt beginnt das Entwickeln!“, erklärte der Leiter der  Meisterschule in seiner Feierrede. Wir waren da anderer Meinung: Wir waren fertig mit Lernen. Wir waren ja schließlich Meister!

Heute kann ich zumindest für mich sagen: 

Mit 25 Jahren hatte ich den Meister. Mit 30 Jahren war ich dann auch einer.

Hätte mein Opa damals noch gelebt, hätte er mir zugestimmt.

Wie sieht es heut in unserer schnelllebigen Zeit aus? Jüngere Menschen sind schon fast gezwungen, Karriere zu machen. Alle 3-5 Jahre muss ein neuer Job her. Der CV muss passen, die nächste Position muss ein „Aufstieg“ sein. Zu lange in einer Position zu verweilen, zeugt entweder von mangelnder Zielstrebigkeit oder der Unfähigkeit den nächst höheren Schritt zu gehen.

Dazu fällt mir ein, was Coach Dieter Lange sagt:

Zuerst ist es der Beruf - man folgt seiner Berufung. Dann steigt man in die Laufbahn ein - jetzt wird es schon schneller.

Um weiter zu kommen, macht man Karriere - das Wort kommt aus dem Italienischen und bedeutet Rennbahn. Jetzt geht´s ab! Aber Vorsicht, man kann auch leicht aus der „Bahn“ fliegen!

Um sich als Mensch weiter zu entwickeln zu können, fehlt heutzutage einfach die Zeit. Aber genau diese Entwicklung braucht Zeit, viel Zeit. In dieser entscheidet sich, ob man reif ist für einen nächsten Schritt. Ebenso wichtig ist es, einen Coach und Mentor zu haben, der unvoreingenommen ohne Konkurrenzdenken ein ehrliches Interesse an der Weiterentwicklung seines Mentee hat.

Wie hat sich das Bild des Meisters in den letzten Jahrzehnten, speziell in Industriefirmen entwickelt? Aus vielen Gesprächen mit Meistern und Erfahrungen während unserer Projekte sind die Aufgaben der Meister meist sehr stark organisatorisch ausgerichtet. Führungsspannen von 50 Mitarbeitern und mehr sind keine Seltenheit. Von Führung kann hier keine Rede mehr sein. Es wird verwaltet: Zahlen, Daten & Fakten bestimmen die Abläufe. Meetings, Feuerwehreinsätze, endlose Zeit vor dem Bildschirm mit Aufbereiten von (SAP)-Reporting´s usw. bestimmen den Alltag. Präsent als Meister vor Ort ist man entweder bei der kurzen Morgenrunde oder wenn es um Probleme geht, und die Produktion aufrecht gehalten werden muss. Das jährliche Highlight sind die Mitarbeiterjahresgespräche. Einmal im Jahr hat der Meister 1 Stunde Zeit pro Mitarbeiter. Doch selbst diese Gespräche haben eine Agenda, die dokumentiert werden muss.

Die Mitarbeiter nutzen diese Stunde entweder um einmal „richtig Dampf abzulassen“ oder sie lassen das Gespräch einfach laufen: „Alles gut Meister ... passt schon …“. On top kommen als Krönung noch Lean-Projekte hinzu und externe Berater bringen den ohnehin vollgestopften Tagesablauf völlig durcheinander.

Kommt euch bekannt vor, oder? Mit dieser Situation sind wir häufig konfrontiert. Deshalb ist ein offener Austausch bereits vor Projektstart sehr wichtig. Die Meister sind nicht nur der Schlüssel zu den Mitarbeitern, sondern auch ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Nachhaltigkeit der Verbesserungsprojekte. Ist das Vertrauen der Mitarbeiter einmal gewonnen, so überstehen aus unserer Erfahrung Projekte auch schwierige Phasen.

Wie können Meister von solchen Projekten profitieren?

Viele Meister haben eine sehr ideelle Vorstellung von deren Tätigkeit. Menschen führen, entwickeln, coachen. Die Firma als solches voranbringen und somit langfristig Arbeitsplätze sichern. Aber auch Meister müssen als Mensch wahrgenommen und wollen geführt werden. Somit ist die Entwicklung der Führungsleistung über alle Ebenen hinweg entscheidend für nachhaltigen Erfolg. Dies haben wir bereits in unserem Beitrag „Führung“ diskutiert. Doch zurück zum Meister.

Er befindet sich in der besonderen Situation, „zwischen den Stühlen zu sitzen“. Von „oben“ bekommt der Meister Ziele, die zu erreichen sind. Diese muss er nach „unten runterbrechen“. Widerstand ist dann nicht selten. Warum sollen die Mitarbeiter versuchen Ziele erreichen, wenn der Sinn nicht vermittelt wird. Wieder ist Führung und Aufklärung gefragt. An dieser Stelle setzen wir an und erarbeiten mit den Meistern ein „neues“ Bild von Führung. Projekte sind dazu eine ideale Plattform.

Im ersten Schritt geht es um Selbstführung. Nur wer sich selbst führen kann, ist in der Lage andere zu führen. Wie ist der Tagesablauf gestaltet? Was kann eliminiert werden? Wie kann ich mehr Zeit bei meinen Mitarbeitern vor Ort verbringen? Welche Kompetenzen kann ich noch entwickeln? Was ist die Philosophie des Toyota Produktionssystem, welche Lean-Methoden, wie erstellt man Wertstromanalysen, gestaltet Problemlösungsprozesse? Was kann ich über Führung noch lernen? ...

Der erste und manchmal schwierigste Schritt ist, der, sich selbst zu verändern und das auch zu leben. Dazu gehört Mut, der belohnt wird. Sicher.

Veränderungen müssen vertrauensvoll an die Mitarbeiter vermittelt werden. Wer nicht weiß, wo es lang geht, was das Ziel ist, der ist nicht motiviert und hat kein Vertrauen. Wer um das „Warum“ weiß, wird auch das „Wie“ mittragen. Die Mitarbeiter fühlen sich wahrgenommen, dürfen und sollen Bedenken äußern. Offene und ehrliche Kommunikation ist angesagt. Das Gefühl, etwas bewirken zu können, stärkt das ganze Team. Die Mitarbeiter müssen gecoacht werden um neue Kompetenzen und neues Wissen zu erlernen.

Für die Projekte bedeutet das zum einen, dass die fachliche Kompetenz entwickelt wird, zum anderen motiviert sich das Team für Veränderungen. Das ist wichtig, denn wirklich große und nachhaltige Ergebnisse entstehen durch ständig kleine Schritte auf der Leiter der Verbesserungen. Toyota sagt: „Nur wer eine Stufe höher steigt, kann die nächste erblicken und neue Potenziale entdecken“.

Dafür gibt es diverse Formulierungen: Daily Kaizen, KVP, ... . Es geht darum, die Brille der Verschwendung aufzusetzen und die Fähigkeit zu entwickeln, Probleme zu erkennen und diese auf möglichst einfache Art gemeinsam zu lösen.

Berater, intern oder extern, sind Dienstleister. Sie stellen den Rahmen für Projekte. Methoden & Wissen wird vermittelt. Die Meister und das Team bekommen das notwendige Feedback. Mit der persönlichen Erfahrung und seinem fachlichem Wissen ist der Berater auch Mentor und fordert das Team heraus. Getreu dem Motto: "Mittelmaß ist Todeszone! Der Wettbewerb schläft nicht! Wir müssen dran bleiben!"Toyota beschreibt dies als „ständige Krise“.

Dieses Feedback von außen ist wichtig. Plakativ aus dem Fußball beschrieben: In der Kreisliga wechselt sich der Spielertrainer kurz vor Schluss selbst ein und entscheidet das Spiel. In der Bundesliga oder gar der Champions League legt der Coach die Strategie vor dem Spiel fest und managt während des Spiels von außen. Bis zum Abpfiff.

Der Meister hat die Aufgabe an seinem Team zu arbeiten und nicht operativ zu agieren. Das ist nicht immer einfach, waren sie doch vormals Facharbeiter bzw. Vorarbeiter und bestens mit „ihren“ Prozessen und Maschinen vertraut.

Neue Maßnahmen, neue oder geänderte Abläufe, welche sich aus den Projekten ergeben, werden nach Testphasen und Finetuning idealerweise als Standard definiert, dokumentiert und eingeführt. Dies erleichtert zum einen die Transparenz und Nachverfolgbarkeit, zum anderen dienen diese Standards als Leitfaden für das Anlernen neuer Mitarbeiter.

Deshalb ist es wichtig, dass die Prozesse in der Verantwortung der Fertigung bleiben. Um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess am Laufen zu halten, Ergebnisse zu messen und die Mitarbeiter weiter zu entwickeln ist es wichtig, dass die Meister einen Großteil ihrer Arbeitszeit vor Ort (am Gemba) im Shopfloor verbringen. Nur am Ort des Geschehens werden Abweichungen sichtbar und neue Ideen werden geboren.

Es hat sich als sehr hilfreich und wirksam erwiesen, ein Produktionstagebuch über alle Funktionen und Bereiche hinweg zu erarbeiten. Dieser „Stundenplan“ legt fest, wann welche Tätigkeiten, Meetings usw. stattfinden. Das Tagebuch ist der Taktgeber und regelt die Kommunikation zwischen den Bereichen. Es ist Bestandteil und ein erster Schritt zur Einführung des Shopfloor Management. Wir werden in den nächsten Beiträgen auf diese Methode eingehen.

Zurück zum Meister. Er ist die zentrale Person in Transformations- und Veränderungsprozessen. Der wirklich nachhaltige Nutzen für das gesamte Unternehmen hängt von seiner Fähigkeit, Motivation und der Unterstützung durch die Unternehmensleitung ab. Im Idealfall entwickelt der Meister mit seinem Team oder Meisterkollegen eine Vision, einen Nordstern. Diese orientiert sich im besten Fall an den langfristigen Zielen und Ausrichtung des Unternehmens. Was gibt es Besseres, als proaktives Denken und Handeln der Menschen, die direkt am Wertstrom tätig sind?

Bedenken Sie aber auch:

Auch der Coach braucht Coaching, Feedback und Austausch. Entwickeln Sie Ihre Meister weiter. Es lohnt sich!

 

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